Tabellenführer Heilbronn gegen den Zweiten Grunbach hieß die Spitzenpaarung am 4. Spieltag der Verbandsliga, in der die Grunbacher knapp mit 3,5:4,5 das Nachsehen hatten. Angesichts eines riesigen DWZ-Übergewichts von gut 150 Punkten pro Brett zu Gunsten Heilbronns ist das Ergebnis aus Sicht Grunbachs aller Ehren wert – wenngleich sich die Spieler im Anschluss natürlich die Frage stellten, ob nicht irgendwo noch der halbe Punkt hätte geholt werden können…
Der Auftakt verlief alles andere als vielversprechend für Grunbach. Alexander Siopidis (4) verwechselte in der Eröffnung die Züge und stand gegen Steffen Mages bereits nach zehn Zügen auf Verlust. Mit einer Qualität und zwei Bauern weniger hätte ein Weiterspielen wenig Sinn gemacht.
Als nächstes einigten sich Berthold Rabus (2) und Richard Dudek auf ein Remis. Die anschließende Computeranalyse ergab allerdings, dass sich in einer anscheinend ruhigen Stellung ohne besondere Schwächen auf beiden Seiten doch noch Chancen für Berthold geboten hätten. Vielleicht hätte hier…
Danach ging es weiter bergab. Vasileios Telioridis (7) verlor in seiner Partie gegen Adam Szabo allmählich die Kontrolle am Damenflügel. In horrender Zeitnot übersah er dann noch einen Qualitätsverlust und überschritt in hoffnungsloser Stellung die Zeit.
Auch Udo Bangert (8) ging es nicht viel besser. Er verlor bereits in der Eröffnung einen wichtigen Zentrumsbauern. Diesem Materialnachteil lief er die gesamte Partie hinterher. Immerhin konnte er sich noch in ein Endspiel mit Läufer gegen Springer retten, in dem vage Hoffnungen auf eine Festung bestanden. Dann übersah er aber eine Springergabel und musste seinem Gegner Kim-Luca Lahouel zum Sieg gratulieren.
In der Partie zwischen Andreas Schnabel (5) und Ramin Geshnizjani konnte der Heilbronner durch ein vorübergehendes Springeropfer in ein Turmendspiel mit einem Mehrbauern abwickeln. Dort stellte Andreas seinen Turm zunächst ins Abseits, konnte ihn aber wieder aktivieren, als sein Gegner nicht die präzise Fortsetzung fand. Im weiteren Verlauf schlug das Pendel zuerst noch einmal zu Gunsten Heilbronns aus, während dann plötzlich Andreas für einen Zug auf Gewinn stand (Matt in 44 laut Tablebases! Hier hätte…). Zu guter Letzt war das Turmendspiel aber klischeegerecht remis.
Zwischenstand somit 1:4 aus Grunbacher Sicht – ein Déjà-vu-Erlebnis zum Match am vorangegangenen Spieltag gegen Böblingen. Dort gelang schließlich noch die Aufholjagd zum 4:4. Und beinahe hätte es dieses Mal wieder gereicht…
Jonas Hetz (6) kam aus einer längeren taktischen Sequenz heraus mit einem entfernten Mehrbauern und großem Vorteil in ein Endspiel mit Dame, Turm und Läufer. Der anschließende Damentausch war aber wohl verfehlt, da sein Gegner Jürgen Menschner in der Folge seine Figuren aktiv platzieren konnte, was es Jonas schwer machte, seinen Freibauern zu aktivieren. Er sah schließlich keine Möglichkeit mehr, seine immer noch vorteilhafte Stellung zu verbessern und die Partie endete mit einer Stellungswiederholung. Hier hätte evtl. auch…
Damit war der Mannschaftskampf entschieden, aber noch spielten unsere beiden Topscorer, die auch an diesem Tag wieder zuschlugen:
Oskar Volk (3) opferte einen Bauern am Damenflügel, für den er Druck mit seinen Türmen in der a-Linie bekam. Im Gegenzug besetzte der Heilbronner Xiang-Tobias Peng (der im Oktober das Grunbacher Remstal-Open gewonnen hatte) die halboffene c-Linie. Im weiteren Verlauf boten sich Oskar ein paar Chancen, um in Vorteil zu kommen. Entschieden wurde die Partie dann aber erst in der Zeitnotphase kurz vor dem 40. Zug, als Oskars Gegner seine Figuren für eine Mattdrohung positionierte. Dabei übersah er aber, dass Oskar selbst einen Zug früher zum Mattangriff kommen würde, und verlor eine Figur. Den Materialvorteil verwertete Oskar dann sicher im Damenendspiel.
Den Schlusspunkt setzte einmal mehr Guido Vielsack am Spitzenbrett. Mit einer schönen Taktik, die etliche Drohungen und Gegendrohungen beinhaltete, gewann er am Damenflügel eine Qualität. Seinem Gegner Robin Stürmer gelang es dabei aber immerhin, die Stellung in ein Endspiel mit Turm gegen Läufer und je zwei Bauern auf dem Königsflügel überzuleiten. Hier hätte sich ihm die Gelegenheit geboten, mit einer Aufstellung seiner Bauern auf g7 und h6 sowie seines Läufers auf der langen Diagonalen eine uneinnehmbare Festung zu errichten. Die von ihm gewählte Aufstellung der Bauern auf g6 und h7 gestattete Guido dagegen langanhaltende Gewinnversuche. Schließlich mündete die Partie in das Endspiel Turm gegen Läufer mit jeweils einem h-Bauern, über das früher ganze Endspielwerke verfasst wurden. Heutzutage reicht ein Blick in die Tablebases, um festzustellen, dass die Position zuerst für Guido gewonnen, dann eine Weile remis und dann wieder gewonnen war (ob man dabei verstanden hat, warum das jeweils so ist, ist eine andere Frage). Unterm Strich war es trotz der kleinen Meckereien der Blechkiste eine starke Partie von Guido.
Mit 5:3 Punkten geht es für Grunbach nun auf Platz drei in die Weihnachtspause. Wie eng die Teams in der Tabelle noch zusammenliegen, lässt sich daran ablesen, dass der nächste Gegner Ludwigsburg mit nur einem Punkt weniger auf Platz sieben steht.
Berthold Rabus